RATGEBER - Der unbekannte Herdenschutzhund

Symbolbild
Symbolbild (Bildquelle: Kanton Uri)

Seit der Rückkehr des Wolfes ab Mitte der 1990er-Jahre werden in der Schweiz wieder Hunde für den Herdenschutz eingesetzt. Herdenschutzhunde schützen seit Jahrtausenden vor allem in Europa und Asien Nutztiere.

Die Herausforderung bei uns liegt in erster Linie darin, diese Hunde und ihre Arbeit mit unseren landwirtschaftlichen, gesellschaftlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen in Einklang zu bringen – dafür braucht es verschiedenerseits guten Willen und Anpassungen. Zum Beispiel müssen Wissen zum Umgang mit diesen Hunden sowie Verständnis und Toleranz für deren Arbeitsweise von verschiedensten Kreisen wie Landwirtschaft, Erholungssuchenden, Jägern, Behörden etc. erst wiedergewonnen werden.

Herdenschutzhunde sind Eigenständig

Landwirte arbeiten nicht zum Vergnügen mit Herdenschutzhunden. Speziell auf unwegsamen Alpen können nur die Hunde effizienten Schutz vor Raubtierübergriffen bieten. Im Rahmen des nationalen Herdenschutzprogramms des Bundes arbeiten aktuell rund 250 Herdenschutzhunde auf etwa 100 Schweizer Alpen respektive davor und danach auch auf Frühlings-, Herbst- und Heimweiden (Tendenz steigend). Im Unterschied zu Hüte- und andern Nutzhunden arbeiten die Herdenschutzhunde weitestgehend eigenständig – ohne Menschen, dafür im Verbund mit anderen Hunden. Gerade diese für den Schutz zwingend benötigte Eigenständigkeit der Herdenschutzhunde führt in unserer Gesellschaft jedoch teilweise zu (Akzeptanz-)Problemen und kann Ärger und Ängste auslösen. Wir sind es gewohnt, dass jeder Hund jederzeit unter Aufsicht seines Halters zu sein hat.

Schnell kommt es zu Vorwürfen, wenn Herdenschutzhunde ab und zu abseits ihrer Herden zu finden sind. Bis zu einer Distanz von einigen hundert Metern von der Herde weg ist dies in der Regel als die normale Arbeitsweise solcher Hunde zu akzeptieren, längere oder allzu häufig «Ausflüge» der Hunde sind aber durch deren Halter zu unterbinden. Dies kann nicht über hundedichte Zäune geschehen – solche sind in der Landwirtschaft vielfach gar nicht möglich und für Herdenschutzhunde, die meist ohne solche Zäune funktionieren müssen, auch nicht wünschenswert. Der Schlüssel liegt viel mehr bei einer starken Bindung der Hunde an die zu beschützenden Nutztiere. Hierfür bringen Herdenschutzhunde dank ihrer aussergewöhnlichen Bindungsfähigkeit beste Voraussetzungen mit.

Ebenso wichtig wie die Sozialisierung dieser Hunde mit den Nutztieren ist jene mit dem Menschen. Dies ist eine Voraussetzung, damit Herdenschutzhunde mittelfristig auch für Wanderer etc. akzeptabel eingesetzt werden können. Denn das (erwünschte) Schutzverhalten, das bei Herdenschutzhunden weitgehend genetisch fixiert ist, führt dazu, dass sie Unbekanntes im Umfeld der Herde, und dazu gehören auch Wanderer etc., misstrauisch begutachten und bis zur Einschätzung «keine Gefahr» möglichst von der Herde fernhalten. Erst das Fundament einer vertrauensvollen Beziehung zu seinem Halter sowie vielfältige (positive) Erfahrungen als (Jung-)Hund mit Spaziergängern, Bikern, Kindern etc. lässt einen Herdenschutzhund wesensstark solche Situationen «gesellschaftstauglich» meistern.

Bitte beachten:

Begegnet man den Herdenschutzhunden mit Respekt für ihre Arbeit und befolgt einige Empfehlungen, so werden sich die Hunde in der Regel schnell beruhigen und Begegnungen für beide Seiten problemlos verlaufen:

  • Ruhe bewahren (anhalten, ev. vom Bike steigen, nicht schreien und fuchteln…)

  • Warten, bis sich die Herdenschutzhunde beruhigt haben

  • Herde und Hunde beim Weitergehen möglichst wenig stören (wo möglich umgehen)

  • Keine Hunde in Regionen mit durch Herdenschutzhunde geschützten Herden mitnehmen

  • Im Zweifelsfall umkehren

Wollen Sie mögliche Begegnungen mit Herdenschutzhunden vermeiden, konsultieren Sie die online-Karte mit den Einsatzorten dieser Hunde im Alpgebiet auf www.herdenschutzschweiz.ch.