Tessin

Gesichtsverhüllungsverbot im Tessin - Beschwerden teilweise gutgeheissen

(Bildquelle: geralt (CC0))

Der Grosse Rat des Kantons Tessin muss die Ausführungsgesetze zum Verbot der Gesichtsverhüllung um zusätzliche Ausnahmetatbestände ergänzen, insbesondere bezüglich politischer Demonstrationen und gewerblicher oder werbender Veranstaltungen. Das Bundesgericht heisst zwei Beschwerden teilweise gut. Nicht geprüft hat das Bundesgericht mangels einer entsprechenden Rüge die Vereinbarkeit der Neuregelungen mit der Religionsfreiheit.

Die Stimmbevölkerung des Kantons Tessin hatte 2013 die kantonale Verfassungsinitiative "Verbot der Gesichtsverhüllung an öffentlichen und öffentlich zugänglichen Orten" angenommen. Zur Umsetzung der neuen Verfassungsnorm erliess der Grosse Rat des Kantons Tessin das "Gesetz über die Gesichtsverhüllung im öffentlichen Raum" und ergänzte das "Gesetz über die öffentliche Ordnung" entsprechend. Zwei Personen gelangten dagegen mit Beschwerden ans Bundesgericht. Sie verlangten die vollständige beziehungsweise teilweise Aufhebung der neuen Bestimmungen.

Das Bundesgericht heisst die beiden Beschwerden gestützt auf seine bisherige Rechtsprechung in diesem Bereich teilweise gut. Es weist die Sache zurück an den Grossen Rat des Kantons Tessin. Dieser wird die beiden Gesetze um zusätzliche Ausnahmetatbestände ergänzen müssen. Mit den bestehenden, abschliessend formulierten Ausnahmen erweist sich das Gesichtsverhüllungsverbot hinsichtlich der Versammlungs- und Meinungsfreiheit sowie der Wirtschaftsfreiheit als unverhältnismässig. Erforderlich ist deshalb eine Ergänzung.

Dabei geht es einerseits um Teilnehmer von politischen Kundgebungen, die sich maskieren, ohne damit die mit dem Verbot der Gesichtsverhüllung verfolgten Ziele zu gefährden. Andererseits geht es um Verhüllungen des Gesichts bei gewerblichen oder werbenden Veranstaltungen. Mit entsprechenden Ergänzungen der Gesetze ist das Verbot der Gesichtsverhüllung mit den fraglichen Grundrechten vereinbar.

Als unbegründet erachtet das Bundesgericht die weiteren Rügen der Beschwerdeführer, welche diese im Zusammenhang mit anderen Grundrechten erhoben hatten. Nicht bestritten wurde von ihnen das Verbot der Gesichtsverhüllung im Hinblick auf die Religionsfreiheit. Diese Thematik ist deshalb im Rahmen des vorliegenden Verfahrens ungeprüft geblieben.