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Lugano-Agno TI - 59 Menschen an Bord: Passagierflugzeug um ein Haar an Berg zertrümmert

(Bildquelle: polizeiticker)

Im Jahr 2015 wählte ein Austrian Airlines-Pilot eine gefährliche Route, um den Flughafen Lugano-Agno TI anzufliegen. Erst jetzt wird bekannt, wie haarscharf dabei eine Katastrophe verhindert wurde.

Gegenüber dem österreichischen "Kurier" packt ein Pilot der Austrian Airlines aus. Er berichtete von einer Beinahe-Katastrophe bei einem Anflug auf den Flughafen Lugano-Agno. Das Vorkommnis ereignete sich bereits am 13. Oktober 2015.

Eine mit 59 Menschen besetzte Maschine flog im Einsatz für die Swiss von Zürich nach Lugano. Während des Landeanflugs meldete sich das Bodenannäherungs-Warnsystem GPWS. Ein Pilot, der sich gemäss Bericht, als Passagier an Bord befand, hörte die Warnsignale aus dem Cockpit: "Hochziehen!" Daraufhin sei der Flieger dermassen in die Höhe gerissen worden, dass er ihn zehn Sekunden nahezu 1'000 Meter Höhe erreicht habe. 

Video: Ab Minute 4.58 sind die Warnrufe zu hören.

Doch warum das halsbrecherische Manöver? Wegen der Bergkuppe Collina D'Oro! An ihr wäre die Dash-8 um ein Haar zertrümmert worden. Radaraufzeichnungen, die dem "Aviation Herald" vorliegen, sollen zeigen, dass ein Unglück wirklich unmittelbar bevor gestanden sei.

Zudem steht die Frage im Raum, ob es dem Piloten überhaupt erlaubt war, die gewählte Route zu fliegen. Von der Schweizerischen Sicherheitsuntersuchungsstelle (SUST) wurde der Vorfall als schwerwiegend eingestuft. Eine Untersuchung wurde eröffnet.

Austrian Airlines: Bericht unter Verschluss gehalten

Bei Austrian Airlines wurde der Anflug unter "Missed Approach" (missglückte Landung) verbucht. "Das wahre Ausmass des schweren Vorfalls wurde erst Monate später erkannt", erklärt Florian Reitz von der SUST gegenüber dem "Kurier".

Und es wird noch brisanter! Der Pilot, der am besagten Tag für den Anflug verantwortlich war, soll zwar vorübergehend vom Dienst suspendiert worden sein, sitze aber mittlerweile wieder im Cockpit. Die Austrian Airlines verweigerte eine detaillierte Berichterstattung. Ein Schriftstück zum Vorfall sei bisher weggeschlossen worden.

Anflüge bei Lugano gelten in Fliegerkreisen als besonders heikel

In Fliegerkreisen sind Landeanflüge bei Lugano bekannt. Sie gelten als besonders anspruchsvoll. Seit zwei Jahrzehnten ist die umstrittene Flugroute entlang der Kuppe Collina d'Oro ein viel diskutiertes Thema in Fachkreisen. Eine Zeit lang war der Bogenanflug an der besagten Passage sogar ganz verboten. Später ist er allerdings für kleinere Maschinen wieder gestattet worden.